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Änderung der gemischten Methode: IV muss Renten von Teilerwerbstätigen überprüfen

Mit Medienmitteilung vom 01.12.2017 informiert das BSV über die Verordnungsänderung der IVV, die am 01.01.2018 in Kraft treten soll. Für die Festlegung des Invaliditätsgrades von Teilerwerbstätigen wird ein neues Berechnungsmodell (vgl. Beitrag vom 22.05.2017) eingeführt. Damit soll die bisherige schlechtere Stellung von Teilerwerbstätigen ausgeglichen werden, da gemäss Urteil vom 02.02.2016 des EGMR insbesondere Frauen nach der Geburt von Kindern benachteiligt seien. Gemäss Übergangsbestimmungen sind die IV-Stellen gehalten innert eines Jahres eine Revision der Teilrenten einzuleiten, die anhand der alten gemischten Methode berechnet wurden. Zudem werden Neuanmeldungen von bisher abgelehnten versicherten Personen geprüft, wenn die neue Berechnungsmethode voraussichtlich zu einem Rentenanspruch führt.

 

Bisher wurde bei teilerwerbstätigen Personen die sogenannte gemischte Methode zur Berechnung des IV-Grades verwendet. Dabei wurde einerseits die Einschränkung im Erwerb gemessen am bisherigen Teilzeitpensum und andererseits die Einschränkung im Haushalt berücksichtigt. Durch die doppelte Gewichtung der beiden Aufgabengebiete und die Tatsache, dass die Einschränkung im Haushalt häufig weniger ausgeprägt ist als im Erwerb, führte die gemischte Methode zu zahlreichen Rentenablehnungen. Mit Urteil des EGMR vom 02.02.2016 wurde festgehalten, dass die revisionsweise Anwendung der gemischten Methode nach Geburt eines Kindes Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 8 EMRK (Recht auf Familienleben) verletze.

 

Das Bundesgericht und das BSV (Rundschreiben Nr. 355) haben daraufhin informiert, dass gestützt auf das Urteil des EGMR die Reduktion des Arbeitspensums nach Geburt von Kindern nicht mehr zu einer Anpassung der Rente führe. Bis zur Einführung einer neuen Regelung durch den Gesetzgeber müsse indessen das bisherige Recht soweit wie möglich weiterhin zur Anwendung kommen. Mit der Ankündigung der Verordnungsänderung wird nun diese neue Regelung eingeführt und die Bemessung angepasst. Der Bundesrat will die Bereiche Haushalt und Erwerb ausgewogener berücksichtigen. Hierfür soll in Bezug auf die Erwerbstätigkeit auf eine hypothetische Vollerwerbstätigkeit abgestellt werden. In Bezug auf den Haushalt soll gleich gerechnet werden wie bei versicherten Personen, die sich vollständig dem Aufgabenbereich widmen. Anhand eines Beispiels kann die Änderung wie folgt illustriert werden:

 

Nach Eingang der Vernehmlassungen wurde im erläuternden Bericht der Verordnungsanpassung festgehalten, dass die Bemessung der Einschränkung im Haushalt nach den bisher gültigen Regelungen vorgenommen werden soll. Die Änderung der Formulierung von den üblichen zu den notwendigen Haushaltstätigkeiten wurde daher fallen gelassen. Lediglich die Berechnung der Erwerbseinbusse wird durch die Änderung des Bemessungsmodells angepasst. Im Rahmen der Übergangsbestimmungen hat der Bundesrat geregelt, dass die IV-Stellen innerhalb eines Jahres sämtliche Teilrenten, die gestützt auf die bisherige gemischte Methode zugesprochen wurden, in Revision ziehen und eine Neuberechnung vornehmen muss. Zudem wird versicherten Personen, die aufgrund der bisherigen Berechnung eine Rentenablehnung erhalten haben, das Recht zur Neuanmeldung eingeräumt, sofern die neue Berechnung voraussichtlich zu einem Rentenanspruch führe. Zur Umsetzung der Revisionen wird voraussichtlich mit einigem Zeitaufwand zu rechnen sein, bis die IV-Stellen sämtliche Renten überprüft haben.

Die Revision wirft auch noch ungeklärte Fragen auf, die in der kommenden Zeit zu diskutieren und zu klären sind.

 

Die offiziellen Informationen finden Sie unter folgendem Link: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/medieninformationen/nsb-anzeigeseite.msg-id-69037.html